Das Reisbier der Rheinischen Brauerei Mainz — Geschichte
Schon in frühen Jahren wurde mit Zusätzen oder Ersatzstoffen zu den bekannten Zutaten für die Bierherstellung ausprobiert. Eines dieser Biere war das Reisbier der Rheinischen Brauerei in Weisenau. Es war sehr bekannt und wurde hoch gelobt. Literarisch nachgewiesen wurde dieses Bier um 1870 gebraut, wie eine Bieranalyse aus dieser Zeit belegt. Hier wird von einem sehr renommierten Bier berichtet, das sich eines umfangreichen Konsums erfreut. Wahrscheinlich wurde es als weiterer Nachweis der Leistungsfähigkeit der Rheinischen Brauerei in diesen Jahren gebraut, um die anstehende Umwandlung in eine AG zusätzlich zu unterstützen die 1871 erfolgte.
Die Besonderheit dieses sehr lieblichen, milden Bieres war die Mischung von 5/6 Malz und 1/6 Reis. Es wurde im Vergleich zu den bekannten Münchner Bieren ein deutlich höherer Zuckergehalt erreicht. Der Alkoholgehalt lag bei 3,65 %.
Das Reisbier der Rheinischen Brauerei Mainz —- der Nachbrau
Mittwoch 08.04.2015 um 9:00 Uhr in Mainz
Das Projekt ” Reisbier von 1870 der Rheinischen Brauerei Mainz — wir brauen es nach ” geht heute in den praktischen Teil.
Projekt von: Ulrich Bederke und Jürgen Winterberg
Nach 5 monatiger Vorbereitung mit der Auswertung einer Bieranalyse des Reisbiers der Rheinischen Brauerei aus den Jahren 1870 und 1871 und ausgiebigen Recherchen über die damalige Braukunst wurden von Ulrich Bederke und mir die Grundstoffe und die Braumethode möglichst originalgetreu ausgewählt.
Es wurde u.a eine Hopfenart gewählt, die in dieser Zeit weit verbreitet war. Als Maischart wurde für das Reisbier damals die fallende Infusion angewendet, wodurch weniger vergärbarer Zucker entsteht, auch dies wurde von uns realisiert.
Der Brauvorgang:
Im Braukessel wird das Wasser bereits erwärmt. Zwischenzeitig wurde von mir das Malz gemahlen, das Schroten.
Mit einer Mühle wird das Malz gemahlen, danach werden im Verhältnis 5/6 Malz zu 1/6 die Reisflocken dazu gegeben.
Im Bild rechts sieht man sehr gut den farblichen Unterschied, der Reis ist sehr hell.
Danach beginnt das Maischen
Nach dem Schroten wird das gemahlene Malz und der Reis eingemaischt. Im Behälter befindet sich das erwärmte Maischwasser.
Das Einfüllen erfolgt zügig, nach Beenden wird
der Einfülltrichter entfernt. Mehrmals wird
umgerührt, dafür verwendet man am besten
ein Maischeholz.
Nun wird die Maische erwärmt, wichtig dabei ist ständiges Umrühren. Dies wird bei Ulrich
komfortabel durch eine integrierte Malzrohrtechnik mit Umwälzpumpe im Kessel realisiert.
Durch die Erwärmung der Maische durchläuft das Malz verschiedene enzymatische Umwandlungsprozesse, die bekanntesten sind die Maltoserast und die Verzuckerung, hier entscheidet sich der spätere Alkoholgehalt und der Geschmack des Bieres.
Wie bei der damaligen Originalmaischtechnik für das Rheinische Reisbier, der fallenden Infusion, haben wir die Maische auf eine Temperatur von 78 Grad erhitzt und dann innerhalb von 2 Stunden auf 50 Grad abgekühlt. Dadurch entstand weniger vergärbarer Zucker.
Durch das ständige Umrühren oder wie bei uns den Einsatz des Malzrohrs und der Pumpe werden wichtige Aufgaben erfüllt, die Einfluß auf ein gutes Brauergebnis haben. Dazu zählt eine konstante und gleichmäßig verteilte Temperatur der Maische, eine sehr einheitliche Konsistenz der Maische und eine geringe Sauerstoffzufuhr.
Um den Abbau der unlöslichen Stärke zu kontrollieren wurden von Ulrich zwischenzeitig einige Jodproben durchgeführt. Hier erkannten wir an der Verfärbung des Jods, ob noch nicht umgewandelte Stärke vorhanden ist. Ziel ist es die unlösliche Stärke in lösliche Stärke und vergärbaren Zucker abzubauen.
Das Läutern
Die Stärke wurde beim Maischen nun umgewandelt und es erfolgte die Trennung von den nicht mehr benötigten festen Maischebestandteilen. Durch weitere Nachgüsse mit Wasser wurde von uns noch nicht gelöster Zucker ausgewaschen.
Zurück bleibt der bekannte Treber.
Würze kochen
Im nächsten Schritt wird nun noch mal gekocht, intensiv sprudelnd gerinnen hier z.Bsp noch unerwünschte Eiweißstoffe, auch als Eiweißfällung bezeichnet.
Während des Kochvorgangs erfolgt die Zusetzung des Hopfens, der erste Teil wird bei Erreichen der Kochtemperatur dazu gegeben. Diese erste Hopfengabe ist verantwortlich für das Bittere im Bier. 5 bis 20 Minuten vor Ende des Kochvorgangs wird dann der sogenannte Aromahopfen dazu gegeben, verantwortlich für den Duft und den Hopfengeschmack.
Bei den Hopfenpelletts werden die
Hopfendolden zermahlen und schonend
gepresst.
Die Hallertauer Perle ist eine sehr beliebte
deutsche Hopfensorte, mittlerweile gibt es
eine Vielzahl von Hopfensorten bis hin zu
teuren Edelhopfensorten.
Das Kühlen
Die Bierwürze muß nun auf eine durchschnittliche Temperatur von 4 bis 25 Grad herunter gekühlt werden. Dieser Vorgang muß schnell erfolgen, da sich durch zu langsames Abkühlen unerwünschte Mikroorganismen entwickeln und vermehren können.
Verwendet haben wir dafür einen Eintauchkühler.
Hefezugabe
Nach erfolgter Abkühlung erfolgt die Zugabe der Hefe, verantwortlich für die nachfolgende Gärung.
Hier wird der Zucker zu Alkohol vergoren. Für das Reisbier wurde eine Hefeart für untergäriges Bier verwendet.
Abfüllen in Gärbehälter
Der vorerst letzte Arbeitgang erfolgt durch das Filtern und Abfüllen in einen Gärbehälter.
Laut Bieranalyse soll das Bier sehr lieblich und mild sein. Der Alkoholgehalt wurde mit 3,65 % gemessen. Unsere ersten Tests der Stammwürze mit einem Refraktometer ergaben sehr gute Messergebnisse.
Nun beginnt die Gärung, das Abfüllen in Flaschen und in ca 6 Wochen Ende Mai die Verkostung. Das geschmackliche Ergebnis der Verkostung werde ich hier dokumentieren.
Medial wurde das Projekt am 08.04.2015 durch Fotos und ein Interview eines Lokalreporters der Allgemeinen Zeitung Mainz begleitet, ein Bericht ist am 13.04.2015 in der Mainzer Tageszeitung zu lesen ( hier klicken ).
15.04.:
Abfüllung in teilweise alte Originalflaschen der Rheinischen Brauerei.
15.05.2015:
Probe und Verkostung
Am 15.05. war es endlich soweit, die erste Probe des Reisbiers konnte getestet werden. Bei mir in meinem Austellungsraum ( manche nennen es auch Museum ) bracht Ulrich Bederke einige Flaschen gut gekühlt zur ersten Verkostung. Auch ein Bierbotschafter / Biersommelier, Markus Pasel war dabei, um die Qualität und den geschmacklichen Vergleich zum Original ( nach der Bieranalyse ) zu testen.
Verkostet wurde in Gläsern der Mainzer Aktien Bier, die die Rheinische Brauerei bzw den Kundenstamm nach der Schließung 1912 übernahm. Am besten schmeckte das Bier im original Krug der Rheinischen Brauerei.
Fazit: wir waren alle sehr zufrieden, ein leichtes Bier, das sehr gut moussierte. Der leicht fruchtige Geschmack verlieh dem Bier eine spezielle Note. Der Alkoholgehalt war nur minimal mit knapp 4 % über der Analyse mit 3,65 %.
Die lokale Presse kam dann auch zur Verkostung hinzu, ein Bericht über das erfolgreiche Projekt erschien am 20.05 in der Mainzer Allgemeinen Zeitung ( link zum Artikel hier )
Ein Teil des Bieres wurde in historischen Flaschen der Rheinischen Brauerei abgefüllt und während dem Pressetermin ausgeschenkt:
Aktuelle Infos auch auf meiner facebook-Seite
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