Gründung und Aufbau
Der Bierbedarf in Mainz konnte in den 1850er Jahren nicht mehr allein durch die Brauereien in Mainz gedeckt werden. Von außerhalb mußte daher das Bier “importiert” werden. So wurde bereits im Sommer 1856 ein erster Versuch von Mainzer Geschäftsleuten unternommen, eine größere Brauerei auf Aktien zu gründen. Dieser Versuch scheiterte aber vorerst. Anfang 1859 griff ein Konsortium Mainzer Großkaufleute erneut die Idee von damals auf und unterzeichnete am 3. Januar 1859 mit einem Gründungskapital von 600 000 Gulden den Vertrag. Spezereiwarenhändler Johann Strigler, Banquier Abraham Mayer jun. und der Kaufmann Wilhelm Boos verpflichteten sich darin, dem Inhaber des Münchner Löwenbräu Ludwig Brey die neue Brauerei nach ihm zu benennen und die Brauerei nach seinen Vorstellungen aufzubauen. Brey verpflichtete sich zusätzlich, einen seiner Münchner Braumeister mit nach Mainz zu bringen.
So entstand die Brey´sche Aktienbrauerei und wurde auf dem Kästrich errichtet. In knapp 2 jähriger Bauzeit wurde das neue Gelände mit mehreren, meist aus Naturbruchsteinen hergestellten Gebäude bebaut. Architekt war Ignaz Opfermann. Auf einer Länge von 92 Meter und einer Breite von 19 Metern entstand das Hauptgebäude, darunter befanden sich 2 Malzkeller und ein Gärkeller mit einer Länge von 29 Meter und einer Breite von 9 Metern. Das Sudhaus, ein 3 bis 4 stöckiger Bau, war 38 Meter lang und 27 Meter breit.Von erheblichen Nutzen waren die bereits vorhandenen Felsenkeller, die teilweise von den alten kleinen Brauereien als Gärkeller genutzt wurden. Weiterhin wurde ein 32 Meter tiefer Brunnen gebohrt, der die Brauerei in den ersten Jahren mit Wasser versorgte. Im Februar 1861 begann die erste Bierproduktion mit einem Ausstoß von knapp 100 Hektoliter im ersten Monat, der im März bereits auf 1215 Hektoliter gesteigert wurde. Im ersten Jahr 1861 wurden so bereits 11 781 Hektoliter Bier produziert.
1869 wurde der erste Kühlapparat gekauft, das bis dahin größte Modell der Firma Krackhart aus Schweinfurt. Doch bereits 4 Jahre später 1873 kaufte man eine größere französische Eismaschine von Carre. Die erste Kühlmaschine von Linde wurde 1877 bestellt, nachdem die vorhandenen Kühlapparate infolge des milden Winters und der dadurch entstandenen Überbeanspruchung defekt waren. Es wurde in diesem Winter 1876/76 sogar notwendig, Eis aus Norwegen zu importieren, ein enormer Kostenfaktor. Die neue Hochleistungs-Eismaschine hatte eine Tagesleistung von 400 Zentner Eis. Dadurch konnte die Gärkellerkühlung ausgebaut werden. Für die Kühlung des untergärigen Biers war sehr viel Eis nötig, da die Hefe nur bei 2 bis 5 Grad arbeiten kann.
In der betriebseigenen Mälzer wurde das Malz selbst hergestellt um eine größtmögliche Qualität zu erreichen. Hopfen wurde aus Bayern und Böhmen angekauft.
1872 trennt man sich von Ludwig Brey und es erfolgte die Namensänderung in “Mainzer Actien Bierbrauerei”, zu diesem Zeitpunkt war es schon die größte westdeutschen Brauerei.
Ausbau und Erweiterung
Mit zunehmender Produktion wurde das vorhandene Brauereigelände zu klein. Nach langjährigen Verhandlungen konnten die Nachbargrundstücke infolge der Entfestigung der Stadt Mainz aufgekauft werden. Durch ein Tunnelsystem wurden die neuen Produktionsgebäude mit den tiefen Felsenkellern verbunden. In diesen Lagerkellern war es nun möglich, bis zu 102 000 hl Bier zu lagern. Mit der Erweiterung umfasste das Gelände der Mainzer Aktien Bier nun um 1908 knapp 31 300 m2.
Nicht nur innerhalb Deutschland wurde nun das Bier geliefert, auch nach Belgien, Holland, Frankreich und England. Sogar eine eigene Gaststätte in Paris war Eigentum der MAB. Am Mainzer Güterbahnhof war ein eigenes Kühlwerk errichtet, das täglich 800 Zentner Eis zur Kühlung für den Versand mit den Eisenbahnwaggons produzierte. Eine zusätzliche Einnahmequelle war das Einlagern von Kühlprodukten, so wurden zeitweise hier bis zu 13 Millionen importierter Hühnereier gelagert.
Umsatzsteigerung und Übernahmen anderer Brauereien
Durch die Erweiterung des Braubetriebes waren nun Bierproduktionen von knapp 300 000 Hektoliter ( 1907/08 ) möglich.
Bisher wurde der Flaschenbierverkauf von Bierverlegern übernommen, die das Bier in Fässern aufkauften und dann selbst auf Flaschen abfüllte. Mit der Errichtung der Flaschenbierabfüllanlage bei der Mainzer Aktien Bier 1908 reagierte man auf die verstärkte Nachfrage der Kundschaft.
1912 wurde der Kundenstamm der Rheinischen Brauerei Mainz-Weisenau übernommen.
Zum Kriegsende 1917/18 wurden die Brauereien Jean Rühl aus Worms, Taunusbrauerei aus Biebrich ( Wiesbaden ), Nachbauer aus Mainz-Kastel, Gebrüder Becker aus Mainz-Gonsenheim und Fr. Kunz aus Weilburg übernommen, teilweise mit deren Immobilienbesitz.
1920 wurden die 50% Anteile des Braurechts und der Lieferverträge der Altmünster Brauerei übernommen, die anderen 50 % wurden der Schöfferhof Brauerei zugeschlagen.
Weltwirtschaftskrise und erneute Anhebungen der staatlichen Biersteuer führten dazu, daß erstmals 1932 für die Aktionäre keine Dividende ausgezahlt wurde. Erst ab den Jahren 1937 erholte sich der Absatz wieder, die 6 jährige Kurzarbeit konnte 1938 beendet werden. Doch bereits 1 Jahr später begann der 2. Weltkrieg, der zahlreiche Betriebunterbrechnungen durch Fliegerangriffe von teilweise 3 Monaten Dauer, Verlust von Arbeitern und Rohstoffeinschränkungen bzw. Beschlagnahmen zur Folge hatte. Enorme Gebäudeschäden durch Bombenangriffe reduzierten die Bierproduktion ebenfalls.Der Bieraustoß brach ein, 1948/49 wurde ein Ausstoß von nur noch 38 500 hl erreicht.
Doch der Wiederaufbau schritt voran und die Mainzer Aktien Bierbrauerei konnte bald wieder mehr produzieren. Der Bierausstoß stieg ständig an, eine neue Flaschenfüllanlage und größere Sudhäuser wurden gebaut. Fast die Hälfte des Umsatzes wurde nun mit dem Flaschenbierverkauf erzielt. 1953 betrug die Kapazität der Abfüllanlage 18 000 Flaschen je Stunde inkl. Reinigung, Sterilisierung und Abfüllen.
Kooperation/ Übernahme durch Binding Frankfurt und die Schließung
Ab den 60er Jahren kooperierte man mit der Binding-Brauerei in Frankfurt.
Es wurde nun viel in Immobilien investiert, zerstörte Gasthäuser wurden aufgekauft und renoviert. Die Absatzzahlen waren recht stabil, es wurde folgender Bierausstoß bilanziert:
1962 200 000 Hektoliter 1965/66 266 000 Hektoliter 1967/68 221 000 Hektoliter 1971 216 000 Hektoliter
Seit 1968 war die Aktienmehrheit bei der Binding AG und dem Unternehmer Oetker. Bis 1982 wurde weiterhin Bier gebraut, bevor nun die Schließung in Mainz beschlossen wurde.
Als Markenzeichen wurde das Radsymbol, eine Anlehnung an das Stadtwappen von Mainz, 1894 geschützt.
Von der Mainzer Aktien Bier sind noch sehr viele Gegenstände vorhanden, Bierflaschen, Schilder, Bierdeckel, Etiketten, Gläser, Bierkästen waren durch die Größe der Brauerei weit verbreitet.
Zum erfolgreichen Marketing der Brauerei zählten auch Bierlieder, Partyzubehör wie Girlanden,Lampions und eine Schallplatte, klicken Sie auf die Schallplatte, um Näheres zu sehen.
Hier zurück zur Übersicht
eingetragen als Nummer 1